Mars Williams presents AN AYLER XMAS  (vol 2 und 4)
Mars Williams presents AN AYLER XMAS  (vol 2 und 4)
Mars Williams presents AN AYLER XMAS  (vol 2 und 4)

Mars Williams presents AN AYLER XMAS (vol 2 und 4)

Gestaltung und Moderation: Hans Jalovetz

Als das Album erschien, hatte der 2023 verstorbene Saxophonist Mars Williams seit mehr als einem Jahrzehnt Weihnachtslieder in Verbindung mit der Musik Albert Aylers interpretiert. Hervorgegangen ist dies aus seiner RepertoirebandWitches & Devils (Album Empty Bottle Chicago), deren Mitglieder Fred Lonberg-Holm, Jim Baker, Ken Vandermark, Kent Kessler und Steve Hunt waren. In der vierten Folge seiner Reihe Mars Williams Presents an Ayler Xmas spielte Mars Williams in Form von Medleys Ayler-Stücke und traditionelle Weihnachtslieder sowohl mit seinem Chicagoer Septett (mit drei Gästen) als auch mit einem New Yorker Sextett, zu dem Nels Cline und Steve Swell gehörten.

Vorangegangen waren die Alben Mars Williams Presents: An Ayler Xmas (2017), An Ayler Xmas Volume 2 und An Ayler Xmas Volume 3: Live in Krakow (2019, mit Klaus Kugel, Knox Chandler, Mark Tokar und Jaimie Branch).

Volume 2 besteht zur Hälfte aus einer europäischen Version der Band, wobei die Stücke bei einem Termin in Wien entstanden sind. Die Hälfte des Albums besteht also aus dem Kornettisten Josh Berman, dem Cellisten Fred Lonberg-Holm, dem Keyboarder Jim Baker, dem Bassisten Kent Kessler, dem Multiinstrumentalisten Brian Sandstrom und dem Schlagzeuger Steve Hunt sowie einem Gastauftritt des Posaunisten Jeb Bishop. Auf der anderen Hälfte sind Trompeter Thomas Berghammer, Bassist Hermann Stangassinger, Schlagzeuger Didi Kern und Elektronikspezialist Christof Kurzmann zu hören.

 

Das Album beginnt mit dem 15-minütigen „Xmas Medley“, in dem Klavier, Cello, Gitarre und Schlagzeug in einem königlichen Rumpeln zu hören sind, während die Bläser mit Fanfarenklängen spielen. Die Band wechselt zwischen schneidenden Soli und traditionellen und weniger traditionellen Weihnachtsliedern, wie dem zitierten Waitresses-Ohrwurm „Christmas Wrapping“. Hier sticht Jeb Bishops Posaunensolo hervor, das über den aufgewühlten Unterströmungen schwebt und sich um die mit Zitaten gespickte Begleitung des Songs windet. In der Mitte des Stücks bricht es ab, und kleine Instrumente wie das Fingerpiano oder die verzweifelten Rufe des Basses erheben sich aus der Leere. Die Stimmung wechselt von düster zu hoffnungsvoll, denn auf den Refrain von „Frosty the Snowman“ folgt ein Refrain einer traditionellen Melodie, der die Gruppe schließlich wieder auf die Beine bringt, als sie in schmetterndem Triumph ausklingt.

 

Das nächste Stück, „O Tannenbaum - Spritis - 12 Days of Christmas“, wird von der Wiener Band gespielt. Die Mischung der beiden Bands fällt gleich zu Beginn auf. Jemand, möglicherweise Kurzmann (der als Sänger genannt wird), spricht/singt den Text von „O Tannenbaum“, zuerst die deutsche Originalversion, dann, nach einer Instrumentalpassage, die als „The People's Flag“ bekannte Version der sozialistischen Hymne. Dann beginnt die Gruppe mit Aylers „Spirits“ und gewinnt schnell an Schwung, wobei sie denselben Enthusiasmus und dieselbe Begeisterung an den Tag legt wie ihre amerikanischen Kollegen. Sie erreichen einen kollektiven Höhepunkt, als Williams und Berghammer in verschiedene Richtungen abheben. William beendet das Stück mit einer feurigen Kadenz, die sich deutlich von der stillen Kulisse abhebt, und läutet mit einer durchdringenden Note die letzten Momente ein.

 

Anschließend kehren wir nach Chicago zurück, wobei Track drei ein Medley aus „Love Cry“ und „Christmas Wrapping“ ist (das Zitat kehrt zurück, diesmal in wachsender und sich vervielfachender Form). Track vier ist ein episches „Carol of the Drum - Bells - O Come Emmanuel - Joy to the World“. Der letzte Track bringt uns zurück nach Wien zu einem Mashup von Aylers „Universal Indians“ und „We Wish You a Merry Christmas“, mit Kurzmans Lloopp, einem gefühlvollen Solo von Williams und dem Refrain „we wish you a merry Christmas“ und, mit österreichischem Akzent geflüstert, „a happy New Year“.

 

Volume 2 ist eine weitere gelungene Folge von Weihnachts- und Ayler-Stimmung. Ob man versucht ist, es zwischen den Feiertagen herauszuziehen, bleibt von den eigenen Gefühlen gegenüber den Liedern außerhalb ihres zeitlichen Kontextes abhängig, aber mit dem schieren musikalischen Können und der temperamentvollen Darbietung ist es eine echte Möglichkeit.

FROHE WEIHNACHTEN